knapp drei Meter breiten Mausoleumsgang mündeten, der um einige
Ecken herum zu einer weiteren Treppe führte, über die man wieder
zurück auf den Friedhof gelangte. Zwischen Reliefs mit sakralen
Motiven säumten stilvolle Wandleuchten den Gang, die von der
Friedhofsverwaltung offenbar auch des Nachts nicht ausgeschaltet
wurden.
»Ich verstehe immer noch nicht«, meinte Paige zu Cole, während
ihre Schritte durch den leicht ansteigenden Korridor hallten, »warum
die Seherin, wenn es ihr nur darum ging, Phoebe von der Hochzeit mit
dir abzuhalten, dich nicht einfach aus dem Weg geräumt hat. Es hätte
ihr ne Menge Sorgen erspart.«
»Ich hab nicht die blasseste Ahnung«, erwiderte Cole. »Schätze, da
musst du schon die Seherin fragen.«
»Hey, seht mal«, rief Leo plötzlich aus, als sie um eine der Ecken
bogen. »Eine Kapelle.«
Alle blieben stehen und blickten in die betreffende Richtung.
Tatsächlich waren durch eine geöffnete Flügeltür in einem der
abzweigenden, etwas dunkleren Gänge ein kleiner Altar und einige
schmale Gebetsbänke zu erkennen. Blumen schmückten den eher
schlicht gehaltenen Raum, und ein Mann in einer dunklen Kutte war
damit beschäftigt, die Kerzen zu entzünden. Niemand von ihnen hatte
beim Betreten des Mausoleums die Kapelle bemerkt.
Über der niedrigen Eingangstür standen, eingemeißelt in ein
ornamentreiches Relief, die Worte »Der Ewige Garten«.
»Eine Kapelle? In einem Friedhofsmausoleum?«, fragte Paige
verwundert.
»Sie ist hübsch«, sagte Piper.
»Und sie ist perfekt«, sagte Cole.
»Für was?« Phoebe sah ihn argwöhnisch an.
Cole ließ sich ein, zwei Sekunden Zeit. »Für eine Hochzeit«,
entgegnete er dann, und ein breites Grinsen trat in sein Gesicht.
»So seh ich das auch«, stimmte Piper ihm zu.
Ein wenig zweifelnd wanderte Phoebes Blick von Cole zu ihrer
Schwester und wieder zurück. »Meint ihr wirklich?«
»Wir haben die Ringe & «, stellte Paige fest.
»Und wir sind alle hier.« Leo wippte mit gespielter Ungeduld auf
den Füßen.
»Okay & ich mach s & ich meine & ich meine, ja, ja, ich will &
los, worauf warten wir noch!« Phoebe nahm Coles Arm und zog ihn
mit sich in die Kapelle hinein.
Der Mann in der Kutte wandte sich lächelnd zu ihnen um. Er
mochte etwa fünfzig Jahre alt sein, und der graue Bart an seinem Kinn
verlieh ihm einen Ausdruck von Abgeklärtheit und Würde.
Phoebe nahm eine Rose und steckte sie Cole ans Revers. Sie spürte
einen leichten Schmerz, als ein Dorn ihre Haut einritzte. Ein feiner
Blutstropfen zeigte sich auf ihrem Finger. Cole beugte sich herab und
presste seine Lippen darauf. Kein zu hoher Preis für den einzigen
Mann, den man liebt, dachte Phoebe.
Wie im Traum flog nun alles an ihr vorüber, die Ringe, der
Priester, die Worte, das Licht. All die Tränen und Zweifel schienen
vergangen, vergessen der Schmerz und das Leid, die weit, weit
zurücklagen auf dem steinigen Weg ihrer Liebe.
Dann spürte sie Coles Hand in der ihren, umfasst von den
segnenden Händen des Priesters.
»Willst du, Cole Turner, diese Frau zu deiner Ehefrau nehmen
& ?«
»Ja, ich will.«
»& und du, Phoebe Halliwell, diesen Mann zu deinem
rechtmäßigen Ehemann & ?«
»Ja, ich will.«
»So möget ihr eins sein, bis dass der Tod euch scheidet.«
Erneut wurde Phoebe hinweggetragen von einer Woge des Glücks,
als sich ihre und Coles Lippen vereinten zu einem innigen,
besiegelnden Kuss.
Die Seherin, die verborgen in den Schatten der Flügeltür stand,
wandte sich triumphierend ab. Das Blut der Erwählten ward getrunken
vom Bräutigam, der Bund geschlossen inmitten der Nacht, vollzogen
das Ritual durch einen Priester des Bösen, an einem Ort, der den
Toten gehört.
»Es ist vollbracht«, sagte sie und verschwand.
Das fünfte Rad am Wagen
& and you know you re never sure but you re sure you could be
right &
The Smashing Pumpkins »Tonight, Tonight«
1
IM P3 WAR ES GERAMMELT VOLL.
Unablässig strömten Nachtschwärmer und Szenegänger herein,
schoben sich Schulter an Schulter unter dem Neon-Logo vorbei, das
hell über dem Eingang prangte, drückten von hinten, stauten sich in
der Mitte und bremsten von vorn und ein Ende war nicht abzusehen.
Wummernde Bässe und ein treibender Beat drangen aus den
Lautsprecherboxen, während dazu die im Takt wippenden Menschen
die Mühen des Alltags abschüttelten und sich fallen ließen in die
durchaus erträgliche Leichtigkeit des Seins. So ähnlich dachten wohl
auch die zwei Pärchen, die an einem der Tische im hinteren Bereich
des Clubs beisammen saßen und geräuschvoll ihre Gläser
gegeneinander stießen zwei Hexen, ein Exdämon und ein Wächter
des Lichts.
»Auf die Ehe!«, rief Phoebe und bekam ein dreifaches Echo
zurück.
Ein fünftes Glas gesellte sich, eine Winzigkeit zu spät, zu den
anderen. Es gehörte Paige, die soeben von der Theke kam, wo sie sich
mit Nachschub versorgt hatte. Ein klein wenig eingeschnappt, da
niemand sie zu beachten schien, stellte sie ihren Drink ab und setzte
sich. Andererseits musste sie sich eingestehen, hatte sie etwa so viel
Berechtigung, auf die Ehe anzustoßen, wie ein Chihuahua auf den
gelungenen Start der Mars-Global-Surveyor-Mission.
Stay forever and ever and ever and ever, nölte Kylie Minogue aus
den Boxen, was aber auch nicht half, den Sturz von Paiges plötzlich
rapide abfallender Laune zu stoppen. Mit beinahe wissenschaftlicher
Nüchternheit beobachtete sie, wie Phoebe an Coles Ohrläppchen
herumzuknabbern begann.
»Hey«, lachte Piper, als sie sah, was da vor sich ging, »ich dachte,
das wäre heute unsere Jahresfeier!«
»Oh, ach ja, stimmt«, sagte Phoebe und löste sich vom Ohr ihres
Mannes. »Auf Leos und Pipers Ehe! Und darauf, dass unsere ebenso
glücklich wird.« Sie sah Cole tief in die Augen. In der nächsten
Sekunde klebten die beiden schon wieder zusammen.
»Irgendwie klingt das für mich immer noch nicht so, als ginge es
hier in erster Linie um uns«, meinte Piper. Doch anscheinend kam sie
ganz gut damit klar, denn im nächsten Moment hing auch sie an den
Lippen ihres Liebsten.
Paige ließ ihren Blick von einem der beiden knutschenden und
giggelnden Pärchen zum anderen wandern. La la la, la la lala la, la la
la & , trällerte Kylie dazu.
In dieser Kombination eindeutig ein paar Lalas zu viel!
Paige stieß entnervt die Luft aus und stand auf. [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]